Verletzungen durch Sturz beim Springtraining
Der Beklagte des Rechtsstreites, ein außerordentlich erfahrener Springtrainer, ließ ein In-Out aufbauen, das aus einem Cavaletti in Höhe von 30 cm und einem Steilsprung von zunächst 70 cm bestand. Die Aufgabenstellung bestand darin, das In-Out in sehr kontrolliertem Tempo zu überwinden. Der Abstand zwischen Cavaletti und Steilsprung betrug ca. 2,40 m. Zunächst wurde von den Teilnehmern des Trainings die Kombination im Trab überwunden, sodann im Galopp. Probleme gab es dabei zunächst für den Kläger des Rechtsstreites nicht. Der Trainer ließ im weiteren Verlauf den Steilsprung um etwa 10 cm erhöhen. Das Pferd des Klägers warf mit einem Vorderbein die aufgelegte Stange des Steilsprungs ab, kam zu Fall, wobei der Reiter stürzte und sich nicht unerhebliche Verletzungen zuzog.
Der Kläger warf dem Trainer vor, pflichtwidrig gehandelt zu haben. Die Distanz zwischen Cavaletti und Steilsprung habe 3,5 m betragen müssen. Der Abstand von lediglich 2,4 m sei ursächlich für den Sturz des Pferdes geworden.
Schadensersatzanspruch nur bei nachweislicher Pflichtverletzung
Schließt der Reiter eines Pferdes mit dem Reitlehrer einen Vertrag über die Erteilung von Reitstunden ab, handelt es sich um einen Dienstvertrag. Ein Ausbildungserfolg ist dabei nicht geschuldet, wohl aber eine sachgerechte Unterrichtserteilung. Die umfasst auch die generelle Pflicht des Trainers, seine Schüler vor Schäden zu bewahren.
Ein Schadensersatzanspruch des Schülers kommt dann in Betracht, wenn diese Pflicht verletzt wird.
Der in Berlin geführte Rechtsstreit drehte sich im Wesentlichen um die Frage, ob bei dem In-Out, dessen Aussprung ca. 90 bis 100 cm hoch war, ein größerer Abstand geboten gewesen wäre. Der Kläger bezog sich auf die Richtlinien für Reiten und Fahren, herausgegeben von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN).
Gutachter: Richtlinien gelten lediglich als Empfehlung
Die vom Gericht beauftragten Gutachter vertraten die Auffassung, dass die Richtlinien lediglich als Empfehlung anzusehen seien. Zwar sei dort vorgegeben, dass an sich „regelmäßig“ eine Distanz von 3 m oder mehr für ein In-Out zu wählen sei. Allerdings liege es durchaus im Ermessen des Trainers, unter Berücksichtigung der konkreten Aufgabenstellung und der Fähigkeiten von Reiter und Pferd, diesen Abstand geringer zu wählen.
Ein pflichtwidriges Fehlverhalten nicht erkennbar
Im Berufungsverfahren hat sich das Kammergericht in Berlin sehr eingehend mit der rechtlichen Verantwortung des Reitlehrers einerseits und den Risiken des Springreitens andererseits befasst. Es sei davon auszugehen, dass eine Gefahrenlage, die mit der naheliegenden Möglichkeit einer Schädigung verbunden ist, bei der Durchführung von Reitunterricht mit Reit- und Springübungen allgemein gegeben sei. Ob bei einem Reitunfall die Sorgfaltspflicht verletzt worden sei, müsse in einer Gesamtschau der Art der Übung, des Alters und der Erfahrenheit von Reitschüler und Pferd und den konkreten Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung von Warnzeichen in der konkreten Situation beurteilt werden. Auf der Grundlage dieses Maßstabes sei das Verhalten des Trainers nicht zu beanstanden, zumal der Kläger zuvor das In-Out-Hindernis bereits dreimal, zunächst im Trab, dann im Galopp problemlos hatte überwinden können.
Zudem gab es eine Videoaufzeichnung. Darauf war für die vom Gericht beauftragten Sachverständigen erkennbar, dass der Abstand zwischen den einzelnen Elementen der Kombination letztlich keine Rolle spielte, weil das Pferd zum einen früh genug abgesprungen war, zum anderen aber der Sturz darauf zurückzuführen war, dass das Pferd schlicht ein Vorderbein hatte „hängen“ lassen.
Fazit
Reitlehrer tragen ein hohes Maß an Verantwortung. Sie haften, wenn sie ihre Schüler überfordern und es dadurch zu einem Unfall kommt. andererseits gibt es kein Schema, das für jede Reitstunde gilt. Die Anforderungen sind vielmehr individuell zu bemessen.