Hintergrund
Abmahnungen dienen dazu Prozesse zu vermeiden (vgl. § 12 UWG). Sinn und Zweck von Abmahnungen ist es, zu Gunsten des Abgemahnten teure Prozesse zu vermeiden. Ohne eine Abmahnung müsste sofort geklagt bzw. eine einstweilige Verfügung beantragt werden.
Und nun die Lösung vorab:
Die Forderung einer vorherigen Kontaktaufnahme vor Ausspruch einer Abmahnung ist rechtlich nicht zu beachten. Egal ob eine solche Klausel vorliegt oder nicht, die Kosten einer berechtigten Abmahnung sind vom Abgemahnten zu zahlen. Das gilt grundsätzlich sowohl im Wettbewerbsrecht als auch im Marken- und Urheberrecht.
Da derartige Klauseln auch gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen, können diese selbst (kostenpflichtig) abgemahnt werden.
Helfen solche Klauseln gar nicht?
Nein! Im Gegenteil, wer solche Abwehrklauseln auf seiner Internetseite oder im Onlineshop vorhält und dann selbst abmahnt, handelt widersprüchlich. Folge: Man kann selbst keine Kosten mehr geltend machen. Das haben sowohl das OLG Hamm (Az. Az. I-4 U 169/11) als auch das OLG Düsseldorf (Az. Urteil vom 26.01.2016, Az. I-20 U 52/15) entschieden.
Was ist passiert?
Auf einer Homepage wurde eine Abwehrklausel aufgenommen, wonach u.a. Kosten, die aufgrund einer Abmahnung ohne vorherige Kontaktaufnahme entstehen, vollumfänglich zurückgewiesen werden. Es wurde sich zudem eine Gegenklage wegen Verletzung der vorgenannten Bestimmungen (= Abmahnung ohne vorherigen Kontakt) vorbehalten.
Später mahnte die Betreiberin der Internetseite mit benannter Abwehrklausel selbst Fehler in der Widerrufsbelehrung der Konkurrenz ab. Der Abgemahnte unterzeichnete die vorformulierte Unterlassungserklärung der Betreiberin nicht, gab aber eine modifizierte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab. Zudem korrigierte er seine Widerrufsbelehrung. Gleichwohl war die Widerrufsbelehrung trotz der Änderung immer noch fehlerhaft.
Diesen neuen Fehler ließ die Betreiberin nunmehr durch einen Rechtsanwalt abmahnen ohne aber mit dem Konkurrenten vorab Kontakt aufgenommen zu haben. Sie verlangte neben der Vertragsstrafe aus der ersten Unterlassungserklärung, auch die entsprechenden Abmahnkosten.
Die Entscheidung
Das OLG Düsseldorf (Az. I-20 U 52/15) wies die Klage ab. Das Verhalten der abmahnenden Betreiberin sei widersprüchlich. Es stelle einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB dar. Sie könne einerseits nicht verlangen, dass ihre eigenen Wettbewerbsverstöße vor Ausspruch einer Abmahnung zunächst zu beanstanden sind. Andererseits dann aber selbst sofort und ohne vorherigen Kontakt mit anwaltlicher Hilfe eine Abmahnung aussprechen.
Praxistipp:
Solche Abwehrklauseln können rechtliche ignoriert werden, Die Abmahnung ist gerade die Vorstufe zur Klage bzw. zur einstweiligen Verfügung und nicht durch eine nochmals vorgeschaltete Rüge zu vermeiden.
Nutzt man hingegen selbst eine solche Abwehrklausel auf seiner Internetseite, muss sich auch daranhalten, wenn man die Konkurrenz abmahnen will, dass gilt selbst dann wenn die Klausel unwirksam ist.
Fazit
Betreiber von Internetseiten und Onlinehändler sollten Abwehrklauseln und Disclaimer von ihrer Internetseite entfernen bzw. erst gar nicht aufnehmen.
Die Klauseln sind unwirksam und begründen für den Verwender selbst eine Pflicht zur vorherigen Kontaktaufnahme. Und on Top, können diese Abwehrklauseln auch selbst wiederum abgemahnt werden.
Kurz:
Abwehrklauseln können keine Abmahnungen verhindern, sondern können diese erst auslösen!