Bei wem hat es nicht schon einmal an der Haustür geklingelt und ein Vertreter stand mit einem „einzigartigen“ Angebot davor. Ob Staubsauger, Kochtopfset oder das mehrbändiges Lexikon; es gibt fast nichts, das nicht an der Haustür verkauft wird. Eine Unterschrift ist schnell geleistet. Aber was kann man tun, wenn man diese im Nachhinein bereut?
Widerrufsrecht bei Haustürsituationen
Prinzipiell gilt der Grundsatz: Eingegangene Verträge sind einzuhalten. Eine Loslösung von Verträgen ist daher nur in Fällen möglich, in denen dieses Recht ausdrücklich im Vertrag vorgesehen ist. Für Haustürgeschäfte zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer wurde aber von diesem Grundsatz eine gesetzliche Ausnahme geschaffen. Haustürgeschäfte sollen durch den Verbraucher innerhalb einer gewissen Frist immer widerrufbar sein, ohne dass es auf eine konkrete Begründung ankommt. Diese Regelung geht auf die Umsetzung einer europäischen Verbraucher-Richtlinie zurück, die den Verbraucher vor Anbahnung oder Abschluss von Verträgen in der besonderen Haustürsituation schützen will. Diese besondere Situation birgt nämlich die Gefahr, dass der Verbraucher überrumpelt und zu einem unüberlegten Vertragsabschluss verleiten wird.
Widerrufrecht auch ohne Haustür
Ein Widerrufsrecht des Verbrauchers besteht also zunächst in Fällen, in denen der Verbraucher zum Vertragsschluss durch mündliche Verhandlung im Bereich seiner Privatwohnung verleitet wurde. Die Privatwohnung ist für die Rechtssituation aber nicht entscheidend: Ein Widerrufsrecht besteht daher auch bei Verleitung des Verbrauchers zum Vertragsschluss durch mündliche Verhandlung im Bereich des Arbeitsplatzes oder bei einer im Interesse des Unternehmers durchgeführten Freizeitveranstaltung - z.B. einer Kaffeefahrt oder einem Probetraining in einem Sportstudio (Landgericht Koblenz, Urteil vom 02.10.2007, Az. 6 S 19/07). Auch die Verleitung des Verbrauchers zum Vertragsschluss in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf öffentlichen Verkehrsflächen begründet ein solches Widerrufsrecht. Ebenso kann es ein Widerrufsrecht geben, wenn man in einer Einkaufspassage angesprochen wurde (Landgericht Dresden, Urteil vom 10.10.2007, Az. 13 S 299/06). Die Erweiterung des Widerrufsrechts über den eigentlichen Bereich der Privatwohnung hinaus rechtfertigt sich daraus, dass auch in den genannten Bereichen der Verbraucher mit einem Vertragsabschluss nicht zu rechnen braucht und für ihn deshalb eine besonders hohe Gefahr der Überrumpelung und der unüberlegten Unterschrift besteht. Anders verhält es sich jedoch bei Fachmessen, die der Verbraucher nicht wegen des Freizeitwerts, sondern wegen des Warenangebots besucht. Wegen des erwartbaren breiten Warenangebots kann in diesen Fällen von einer Überrumpelung nicht mehr die Rede sein. Das Widerrufsrecht kann auch bestehen, wenn ein Vertreter einen Hausbesuch „provoziert“ hat (Amtsgericht München, Urteil vom 14.03.2006, Az. 274 C 3367/05).
Ausübung des Widerrufsrechts
Haustürgeschäfte können ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden. Für den Fristbeginn kommt es auf eine ordnungsgemäße Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht durch den Unternehmer an. Diese muss in Textform erfolgen und den Namen und die Adresse des Widerrufsempfängers enthalten. Zudem muss in der Belehrung der Hinweis enthalten sein, dass zur Wahrung der Frist die rechtszeitige Absendung des Widerrufs in Textform ohne Begründung bzw. die Rücksendung der Ware genügt. Auch muss ein Hinweis auf den Fristbeginn und die Rechtsfolgen des Widerrufs erfolgen. Der Unternehmer kann den Verbraucher aber auch nach Vertragsschluss ordnungsgemäß belehren. In diesem Fall verlängert sich die Widerrufsfrist auf einen vollen Monat. Erfolgt gar keine bzw. keine ordnungsgemäße Belehrung, so kann der Verbraucher den Vertrag zeitlich unbegrenzt widerrufen. Soll mit dem Verbraucher eine ständige Verbindung aufrechterhalten werden, so kann der Unternehmer dem Verbraucher auch anstelle des Widerrufsrechts ein uneingeschränktes Rückgaberecht einräumen.
Ausnahmen vom Widerrufsrecht
Das Widerrufs- oder Rückgaberecht bei Haustürgeschäften gilt jedoch nicht grenzenlos. Es gilt z.B. nicht für Verträge, die auf einer Vertreterbestellung des Kunden beruhen, sofern dieser zu Vertragsverhandlungen bestellt wurde. Ferner gilt es nicht, wenn die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das Entgelt 40 Euro nicht übersteigt. Darüber hinaus ist es auch für Fälle ausgeschlossen, in denen die Willenserklärung des Verbrauchers notariell beurkundet wurde.
ra-online/ARAG (pm/pt)