Die Bezifferung von Schmerzensgeldansprüchen ist Richterrecht. Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben, an denen die Schmerzensgeldhöhe für eine bestimmte Verletzung einfach abgelesen werden könnte. Vielmehr überlässt der Gesetzgeber bewusst dem zuständigen Gericht die konkrete Bemessung des Schmerzensgeldes. Für einen immateriellen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist (so die gesetzliche Bezeichnung für den landläufig genutzten Begriff „Schmerzensgeld“), soll in den gesetzlich bestimmten Fällen eine „billige Entschädigung in Geld“ gefordert werden können.
Schmerzensgeldansprüche sind Richterrecht
Die genaue Bezifferung des Schmerzensgeldes bleibt demnach in jedem Einzelfall dem Richter überlassen. Dabei kann das Gericht eine Vielzahl von Kriterien heranziehen, die bei der Bemessung nach dem Grundsatz der Billigkeit zu berücksichtigen sind.
Bemessung der Schmerzensgeldhöhe nach Grundsatz der Billigkeit
Im Fall einer Körperverletzung sind dies u.a. die Schwere der Verletzung und die Art der Gesundheitsbeeinträchtigung. Wichtig sind der Heilungsverlauf, ob die Gesundheitsbeeinträchtigung behoben werden kann oder bleibende Schäden verursacht werden. Zu berücksichtigen ist das Ausmaß der mit der Verletzung verbundenen Schmerzen und die Beeinträchtigung des Alltags- und Berufslebens des Verletzten. Chronische Schmerzen, optische Verunstaltungen wie Narbenbildung oder Entstellung von Körperteilen sind ebenfalls wichtige Faktoren bei der Bemessung der Schmerzensgeldhöhe.
Auf den Einzelfall kommt es an
Der Grundsatz der Billigkeit ermöglicht einerseits eine umfassende Würdigung jedes Einzelfalls. Keine Verletzung ist identisch mit einer anderen. Indem auf starre gesetzliche Vorgaben verzichtet und der Einzelfall gewürdigt wird, soll so gerecht wie möglich entschieden werden können.
Die Kehrseite dieser gesetzlichen Konzeption ist, dass Betroffene zunächst einmal mit einer gewissen Unsicherheit über die Schmerzensgeldhöhe, die sie erwarten können, leben müssen. Zu vage erscheint der Grundsatz der Billigkeit.
Die DAWR Schmerzensgeldtabelle 2017
Dem trägt die DAWR Schmerzensgeldtabelle Rechnung. Die Tabelle bietet einen Überblick über Entscheidungen deutscher Gerichte zu einzelnen Verletzungen. Wer beispielsweise bei einem Autounfall ein Schleudertrauma erlitten hat, kann eine Vielzahl bereits ergangener Gerichtsentscheidungen vergleichbarer Fällen finden. Die DAWR Schmerzensgeldtabelle benennt die Verletzung und die ausgeurteilte Schmerzensgeldhöhe. Wer nähere Angaben zu dem Gerichtsverfahren erhalten möchte, kann anhand des Aktenzeichens die gerichtliche Entscheidungsbegründung recherchieren, soweit diese vorliegt.
Sortierung nach Art der Verletzung
Die in der Schmerzensgeldtabelle genannten Beträge haben keine Gesetzeskraft und beziehen sich auf einen in einem gerichtlichen Verfahren entschiedenen Einzelfalls. Die Beträge sind deshalb nicht Eins zu Eins auf andere Fälle übertragbar. Jedoch bieten sie anhand der Beschreibung der Verletzung einen guten Anhaltspunkt, in welcher Höhe Schmerzensgeld zu erwarten ist bzw. in der Vergangenheit bereits zugesprochen wurde. Auch im Gerichtsverfahren ist der Vergleich mit zurückliegenden Schmerzensgeldverfahren anderer Gerichte üblich.
Neue Gerichtsentscheidungen eingearbeitet
In die DAWR Schmerzensgeldtabelle 2017 haben wir viele interessante Gerichtsentscheidungen des vergangenen Jahres eingearbeitet. Damit ist die DAWR Schmerzensgeldtabelle auf dem aktuellen Stand.
2016 sprach das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 10.05.2016, Az. 26 U 107/15) beispielsweise ein vergleichsweise hohes Schmerzensgeld für die Erkrankung an Grünem Star und den damit einhergehenden Sehkraftverlust von 70 % zu. Die erkrankte Frau erhielt ein Schmerzensgeld in Höhe von 80.000 Euro.
Für Beschwerden bei der Nahrungsaufnahme und überempfindliche Zähne infolge einer zahnprothetischen Versorgung ohne ausreichende ärztliche Aufklärung erhielt der verletzte Patient ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000 Euro (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 17.12.2013, 26 U 54/13).
Und für die Fehlbehandlung eines an einer Fehlstellung der Hüfte leidenden Kindes erhielt dieses ein Schmerzensgeld von 25.000 Euro (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 31.10.2016, Az. 3 U 173/15).
Siehe: